Der lange Atem Gottes gibt uns Hoffnung
Kann man heute noch an Gott glauben? Lohnt sich das heute noch? Brauchen wir überhaupt einen Gott? Wer Gott braucht, läuft Gefahr, ihn zu missbrauchen... Nicht wenige meinen heute, ohne Gott besser leben zu können. Die historisch gewachsene theologische Formulierung des Gottesglaubens ist einigermaßen kompliziert. Sie eröffnet jedoch eine Weite der Gottesvorstellung und Gottesbeziehung, die in den gegenwärtigen großen Herausforderungen hilfreich ist.
Gibt es Gott?
"Gott existiert. Ich bin ihm begegnet"
lautet der Titel eines Bestsellers des französischen Schriftstellers
André Frossard, in dem er beschreibt, wie er im Alter von 20 Jahren als
ein in einer atheistischen Familie aufgewachsener überzeugter Marxist
seine Bekehrung erlebt hat und seitdem nicht müde geworden ist, seine
Überzeugung, dass Gott existiert, zu bezeugen.
Nicht wenige
große Denker, Naturwissenschaftler und Philosophen werden nicht müde zu
betonen, dass sich eine Existenz Gottes nicht beweisen lasse. Vor etwa
15 Jahren rollte weltweit durch viele Großstädte eine Werbekampagne mit
der Botschaft: "Wahrscheinlich gibt es keinen Gott – also hör' auf, dir Sorgen zu machen und genieße das Leben."
Genau besehen richtete sich diese Aktion an Menschen, die sich vor Gott
ängstigen, und wandte sich gegen Menschen, die solche Ängste schüren
und mit angstmachenden Gottesbildern religiösen Druck ausüben.
Der deutsche Autor Heinrich Böll, ein bekennender Christ, spottet in seinem Buch Ansichten eines Clowns: "Atheisten langweilen mich, weil sie immer nur von Gott sprechen."
Wenn man bei anderen gläubigen Autoren nachgräbt, entdeckt man eine
Menge ähnlich flotter Sprüche. Auch als gläubiger Menschen kann ich
diesen Auseinandersetzungen Positives abgewinnen, sie treffen aber nicht
den entscheidenden Kern der Frage nach Gott.
Ein menschenfreundlicher und wohlwollender Gott
Die
Bibel – in den großen heiligen Schriften anderer Religionen verhält es
sich nicht wesentlich anders – erzählt zwar immer wieder von Menschen,
die nicht an Gott glaubten, ihr Hauptinteresse ist es aber, die
Erfahrungen und Erlebnisse, die gläubige Menschen mit ihrem Glauben an
Gott gemacht haben, nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Solche
Gotteserfahrungen kann man psychologisch, naturwissenschaftlich,
historisch oder auch philosophisch in Frage stellen, die Existenz oder
Nicht-Existenz Gottes lässt sich jedoch nicht beweisen. Beides bleibt
eine Sache persönlichen Glaubens.
Die biblischen Texte fragen nicht, ob Gott ist, sondern wie Gott ist. So auch die Bibeltexte, die heute am Fest der Heiligsten Dreifaltigkeit in der Liturgie vorgetragen werden.
Die Erzählung von der Begegnung des Mose mit Gott auf dem Berg Sinai
stellt uns einen Gott vor, der zu den Menschen hält, mit ihnen mitgeht,
sie ins Gelobte Land führt, obwohl er Grund hätte, sich von diesen
Menschen abzuwenden, nachdem sie von ihm abgefallen waren und sich
andere Gottheiten gesucht hatten.
Paulus beschließt seien
Zweiten Brief an die Korinther mit einer Segensformel, die eine bereits
sehr frühe liturgische Sprechweise von einem dreifaltigen Gott bezeugt.
Mit ihr ruft er Gnade, Liebe und Gemeinschaft, das Wohlwollen Gottes,
auf die Gemeinde herab.
Im Johannesevangelium stellt Jesus
seinem Gesprächspartner Nikodemus, einem gottesfürchtigen jüdischen
Schriftgelehrten, Gott als den großen Liebenden vor, der bereit ist,
seinen Sohn hinzugeben, um den Menschen zu zeigen, wie sehr er die
Menschen liebt und um ihr Heil besorgt ist: "Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird."
Der lange Atem Gottes gibt Hoffnung
Sich
Gott als dreifaltig und dreieinig vorzustellen und zu bekennen, ist das
Ergebnis langer theologischer Diskussionen. Der Dreifaltigkeitssonntag
ruft uns das alljährlich in Erinnerung. Wer den biblischen Gottesbildern
folgt, lernt diesen als wohlwollenden und die Menschen liebenden Gott
kennen. Er braucht sich vor diesem Gott nicht zu ängstigen.
Die
Menschen, von denen die Bibel erzählt, haben diesen Gott aber auch als
mächtigen Gott kennengelernt, der nicht zulässt, dass seiner Schöpfung
auf Dauer Schaden zugefügt wird oder dass sie zerstört wird. Zu fürchten
haben ihn jene, die sich selbst zu Herren der Welt und der Schöpfung
erklären, die diese Welt ausbeuten, andere erniedrigen und ihrer
Herrschaft unterwerfen. Sie sollen ihn nicht unterschätzen. Er hat einen
langen Atem. Seine Macht reicht über Generationen hinweg: "Der HERR
ist der HERR, ein barmherziger und gnädiger Gott, langmütig und reich
an Huld und Treue: Er bewahrt tausend Generationen Huld, nimmt Schuld,
Frevel und Sünde weg, aber er spricht nicht einfach frei, er sucht die
Schuld der Väter bei den Söhnen und Enkeln heim, bis zur dritten und
vierten Generation."
Angesichts der großen Probleme, die
uns in der gegenwärtigen Welt bedrängen – Kriege, Umweltzerstörung,
Klimakrise, soziale Ungerechtigkeit u.a.m. – gibt uns der Glaube an
diesen menschenfreundlichen und wohlwollenden Gott Hoffnung. Er hat, so
bin ich überzeugt, den längeren Atmen. Somit ist die Frage, ob es Gott
gibt, nicht nur eine Frage des Glaubens, sondern auch eine Frage der
Hoffnung. Ihn zu lieben und ihm vertrauen, ist die großartige Einladung
des heutigen Festes.
Mag. theol. Pater Hans Hütter (2023)
Es segne uns der Vater,
der uns und die ganze Schöpfung ins Leben rief.
Es segne uns der Sohn,
der mit uns dieses irdische Leben teilte
und dem alles Menschliche vertraut ist.
Es segne uns der Hl. Geist,
dass er Ansporn für unser Leben sei.
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