Auf dieser Seite finden Sie in der Regel Gedanken zum Sonntag oder eine ausformulierte Predigt sowie ein Segensgebet.

Die Predigten hier können in Form und Inhalt von den Predigten im Gottesdienst abweichen.


Am ersten Sonntag im Monat findet um 9 Uhr in Borken und am dritten Sonntag im Monat um 11 Uhr in Homberg ein Kindergottesdienst statt.


Die Lesungstexte der Sonn- und Wochentage finden Sie unter:

Pfingsten

19. Mai 2024

Gedanken zum Sonntag
Segen

Mögen Sie Weihnachten?


Mögen Sie Ostern?


Mögen Sie Pfingsten?


Ich mag Pfingsten.

Ich finde, es ist ein schönes Fest.

Zwei Tage dürfen wir es feiern.

Es gibt äußerlich keine Vorbereitungen wie an Weihnachten oder Ostern.

Keine Aktionen, kein besonderes Tamtam.

Es ist die Zeit zwischen dem Schokoosterhasen und dem Schokonikolaus.

Aber vielleicht kommt ja die Industrie noch drauf und produziert eines Tages Schokotauben…


Schlicht und einfach wird Pfingsten gefeiert.

Diese Schlichtheit hilft, direkt zum Kern des Festes zu kommen.

Es ist ein Fest der Ermutigung, der Befreiung.

Es ist ein Fest der Weite und der Vielfalt.

Ermutigung und Befreiung, Weite und Vielfalt - all das hatten die Jünger*innen damals nötig.


Nach dem Tod Jesu haben sie sich zurückgezogen und eingeschlossen.
Sie haben sich abgesondert.

Denn: Unsicher das Verhalten. Unklar die Lage. Ungewiss war die Zukunft, sowohl die eigene, persönliche, auch die strukturelle, die der Gruppe der Jünger.

In diese angstbesetzte Situation empfangen sie den Heiligen Geist.


Der Geist wirkt!

Sie können dann hinausgehen.

Sie trauen sich, auf die Straße zu gehen. Sie trauen sich, ihre – vielleicht selbstgemachten Grenzen – zu überwinden.

Ihre Situation ändert sich.

Aus der Enge des Raumes wird die Weite

Sie finden eine neue Sprache, sie verbinden sich im Glauben

Auf der Straße, im Ort, kann jeder die Jünger in seiner Sprache hören und verstehen.

Parther, Meder, Elamiter und wie die aufgezählten Völker alles heißen.


Pfingsten ist ein Fest der Ermutigung, der Befreiung.

Es ist ein Fest der Weite und der Vielfalt.

Und es ist das Fest der Offenheit für Unterschiedlichkeit.

Des gegenseitigen Verstehens, trotz der unterschiedlichen Sprachen.

Unsere Gemeinde setzt sich aus Menschen zusammen, die sich von ihrem Geburtsort, Geburtsland, ihre Sprache und anderen Dingen her unterscheidet.

Wir sind hier im Gottesdienst zusammen, wir feiern gemeinsam Eucharistie.

Wir haben einen gemeinsamen Punkt.

Der Glaube verbindet, der Glaube führt zusammen.

Trotz der Unterschiede in Herkunft, Sprache, Kultur und anderen Dingen erfahren wir Gemeinsamkeit.

Das wurde eben im Evangelium deutlich.


In unterschiedlichen Sprachen wurden zwei wichtige Sätze des Evangeliums wiederholt.

Der Friede sie mit euch – und:

Empfangt den Heiligen Geist.

Es sind zwei Wünsche, die Jesus zu den Jüngern spricht.

Der Friede möge mit ihnen sein.


Der Friede, „Shalom“ meint mehr als wir unter Frieden sehen. Shalom, Friede im biblischen Sinne ist ein innerer Zustand, eine innere Haltung.

Friede, Shalom ist – ich erinnere an die Predigt am dritten Sonntag nach Ostern – als „lebensfördernde Geordnetheit“ zu verstehen

(Steck, O.H., 1972, Friedensvorstellungen im alten Jerusalem. Psalmen, Jesaja, Deuterojesaja (ThSt 111), Zürich)


Und das war damals nötig, denn die Jünger sind in der Tat in vielerlei Hinsicht ungeordnet.

Sie sind verschreckt und verstört. Sie wissen nicht, wie es weitergehen soll.

Jesus wünscht ihnen die Rückkehr zur lebensfördernden Geordnetheit.

Für diese Rückkehr stärkt er sie:
Empfangt den Heiligen Geist.

Der Lebensatem Gottes möge sie erfüllen.

Der Geist, der ordnet, der tröstet, der stärkt, der mutig macht.

In dem Text der Pfingstsequenz, vor dem Halleluja heute gelesen, kommt dies besonders zum Ausdruck.


Der Geist Gottes will weiten, will öffnen, will ermutigen, will lösen und beweglich machen, will reinigen und wärmen und vieles mehr.

Der heilige Geist erfüllt die Jünger damals. Er füllt sie mit dem Lebensatem Gottes.

Sie werden gleichsam aus ihrer Luftnot herausgeführt in die Fülle.

Pfingsten ist ein Fest gegen die Luftnot unserer Zeit.


Menschen ringen nach Luft, sie ringen nach Atem, wenn sie sich klein und unsicher, unwichtig fühlen.

Menschen wird die Luft zum Atmen, zum Leben genommen, wenn sie wegen eines Merkmals, das sie haben, ausgegrenzt werden.

Menschen haben Angst, in unserem Land zu leben, weil rechte Parteien hetzen und demagogisch reden und handeln.

Menschen haben Angst, weil politische Entscheidungen ihre Wahrnehmung in der Gesellschaft erschweren.

Menschen haben Angst vor der Zukunft.


Pfingsten ist ein Fest gegen die Luftnot und die Lebensangst unserer Zeit.

Ein Zeichen für das Wirken des Heiligen Geistes ist für mich die Erklärung der Deutschen katholischen Bischöfe vom Februar 2024.


„Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar“.[1]

Darin analysieren die Bischöfe die aktuellen Entwicklungen in Gesellschaft und Politik und beziehen aus dem christlichen Menschenbild abgeleitet, sehr klar und deutlich Stellung.


Sie sagen u.a.:

„Rechtsextremistische Gesinnungen und Konzepte zielen fundamental auf Ab- und Ausgrenzung.

In diesem radikalisierten Denken wird die gleiche Würde aller Menschen entweder geleugnet oder relativiert und somit zu einem für das politische Handeln irrelevanten Konzept erklärt.

Für die Kirche aber ist klar: Jeder Mensch besitzt eine unantastbare und unverfügbare Würde. Sie gründet in der Gottebenbildlichkeit aller Menschen und ist die Basis der Menschenrechte.“


Und später heißt es in der Erklärung der Bischöfe:

„Völkischer Nationalismus ist mit dem christlichen Gottes- und Menschenbild unvereinbar“.

Und in der Konsequenz führen sie aus:

„Rechtsextreme Parteien und solche, die am Rande dieser Ideologie wuchern, können für Christinnen und Christen daher kein Ort ihrer politischen Betätigung sein und sind auch nicht wählbar. Die Verbreitung rechtsextremer Parolen – dazu gehören insbesondere Rassismus und Antisemitismus – ist überdies mit einem haupt- oder ehrenamtlichen Dienst in der Kirche unvereinbar.“


Starke Worte – Geisterfüllte Worte der Bischöfe.


Da weht – so deute ich es – der Heilige Geist. Da haben Menschen keine Angst, hinauszugehen, von der Weite und Grüße Gottes und des Menschen Zeugnis zu geben.


Da weht der gute Geist, der den Menschen als Ebenbild Gottes sieht.

Auch wir dürfen den Lebensatem Gottes einatmen.

Wir dürfen Unterschiede zulassen.

Wir dürfen geisterfüllt hinausgehen.

Wir dürfen von der guten Botschaft Jesu in unserer Sprache, so wie wir es können und auf die Art und Weise, die zu uns passt, in die Welt tragen.


Peter Göb




[1] https://www.dbk-shop.de/de/publikationen/sonstige-publikationen/voelkischer-nationalismus-christentum-unvereinbar-erklaerung-deutschen-bischoefe

Pfingstsequenz:


Komm herab, o Heil'ger Geist,
der die finstre Nacht zerreißt,
strahle Licht in diese Welt.

Komm, der alle Armen liebt,
komm, der gute Gaben gibt,
komm, der jedes Herz erhellt.

Höchster Tröster in der Zeit,
Gast, der Herz und Sinn erfreut,
köstlich Labsal in der Not.

In der Unrast schenkst du Ruh,
hauchst in Hitze Kühlung zu,
spendest Trost in Leid und Tod.

Komm, o du glückselig Licht,
fülle Herz und Angesicht,
dring bis auf der Seele Grund.

Ohne dein lebendig Wehn
kann im Menschen nichts bestehn,
kann nichts heil sein noch gesund.

Was befleckt ist, wasche rein,
Dürrem gieße Leben ein,
heile du, wo Krankheit quält.

Wärme du, was kalt und hart,
löse, was in sich erstarrt,
lenke, was den Weg verfehlt.

Gib dem Volk, das dir vertraut,
das auf deine Hilfe baut,
deine Gaben zum Geleit.

Lass es in der Zeit bestehn,
deines Heils Vollendung sehn
und der Freuden Ewigkeit.


Amen. Halleluja