1. Lesung: Ezechiel 37,12b-14
2. Lesung: Römerbrief 8,8-11
Evangelium: Johannes 11,1-45
Die Evangelien in
dieser Fastenzeit sind lange Texte.
Das Gespräch mit der Frau am Jakobsbrunnen,
die Heilung des Blindgeboren und heute die Auferweckung des Lazarus.
Wichtiger als die Länge
ist, dass sich die Dramatik steigert.
Nach dem Gespräch mit der Frau – der Heilung eines Blinden – folgt heute die
Auferweckung eines Toten.
Allen drei Evangelien ist gemeinsam, dass Jesus mit seinen Tun aneckt.
Bei den Jüngern, bei den Schriftgelehrten und Pharisäern.
Jetzt, als Jesus einen
Toten zum Leben erweckt,
wird er selbst, zum Bedrohten.
Der Lebensretter wird zum Todeskandidaten.
Die Fastenzeit als Hinführung zu Ostern wird dadurch immer deutlicher.
Die Frage nach Leben
und Tod spitzt sich auf Ostern hin zu.
Nach den biblische
Texten heute, nach der ersten Lesung und dem Evangelium,
gibt es eine Alternative zur Tödlichkeit des Todes.
Allem Anschein nach erweist sich das Leben stärker.
Die erste Lesung steht
im Kontext des Exils des Volkes Israel.
Es lebt in der Gefangenschaft, fern der Heimat, fern des Tempels.
Das Volk erfährt sich
als von Gott verlassen und verliert seine Identität,
verliert seine Lebendigkeit.
Die Geschwister und Freunde des Lazarus sind in einer ähnlichen Situation.
Nach einer Zeit der
Krankheit ist Lazarus gestorben.
Und nun ist er eingeschlossen im Grab,
abgeschnitten von der Welt.
Es ist der vierte Tag.
Eine scheinbar nebensächliche Bemerkung.
Hintergrund ist, dass
nach jüdischem Verständnis die Seele eines Verstorbenen
noch drei Tage in der Nähe des Leichnams ist.
Am vierten Tag aber
eben nicht mehr.
Dann ist der Tod endgültig und außerdem hat die Verwesung eingesetzt.
Der Tote riecht schon. Todtod ist Lazarus.
Doch die Bibel belässt
es nicht bei den Grabgeschichten.
Bildgewaltig erzählt sie vom Leben.
In der ersten Lesung wird berichtet, dass die Gräber sich öffnen,
und der Herr das Volk aus den Gräbern heraufholt.
Im Evangelium ist zu hören, dass das Jesus selbst ins Grab hineingeht.
Zweimal ein
überraschender Neuanfang des Lebens.
Erfahrungen vom Leben mitten im Tod.
Für Israel beginnt der
Neuanfang,
denn die Rückkehr in die Heimat, wird möglich.
Und Lazarus kehrt ins
Leben zurück,
zu den Schwestern, in die Familie, in die Gemeinschaft.
Gottes
lebensschaffender Geist wird mitten im Tod wirksam.
Im Tod das Leben
entdecken und so zeigen,
dass der Tod nicht das letzte Wort hat.
Im Tod das Leben
entdecken.
Dort, wo Menschen sich
gegen Krieg, Terror, Gewalt stellen,
wird Leben sichtbar.
Dort, wo Solidarität
und Anteilnahme geschenkt werden,
zeigen Menschen, dass die dem Leben mehr vertrauen als dem Tod.
Dort, wo wir uns gegen
Armut, Hunger und Elend stellen,
wird Leben im Alltag sichtbar.
Wirksame Zeichen des
Lebens im Angesicht des Todes setzen. Dazu sind wir berufen.
Bleibt diese Dramatik,
dass Tote und Totes zum Leben kommen,
eine Geschichte der Bibel?
Oder sind diese
Erzählungen für mich,
für mein Leben von Bedeutung?
Ich hoffe.
Und so stellt sich die
Frage:
wo sehne ich mich nach Leben?
Wo ist etwas so tief in mir verborgen, abgeschnitten vom Leben,
versteckt hinter Mauern der Psyche,
dass ich nicht mehr daran glaube, dass es noch lebt?
Wenn ich meinen Namen
statt den des Lazarus einsetze,
dann wird die Dramatik und die Wende des Textes vielleicht etwas deutlicher.
Dann weint Jesus um mich, um mein verborgenes Leben.
Dann weint Jesus um das
Tote in mir.
Aber, dann will Jesus
auch mich rufen, das Tote zum Leben wecken,
Sehnsüchte und verborgene Wünsche zum Leben erwecken.
Komm heraus – der Ruf des Lazarus wird dann ein Ruf an mich.
Komm heraus und finde zurück zum Leben.
Komm heraus, aus dem Grab deiner Unfähigkeiten und Ängste.
Komm heraus, aus dem Grab der Bequemlichkeit und Trägheit.
Komm heraus, aus dem Grab deiner Süchte und Gewohnheiten.
Komm heraus, aus dem Grab, das du dir selber gräbst.
Komm heraus, ruft Gott mir zu.
Lasse ich mich rufen?
Peter Göb
Es gilt das gesprochene Wort
Der barmherzige Gott, der seinen Sohn für uns dahingegeben
Und uns in ihm ein Beispiel der Liebe geschenkt hat,
segne euch und mache euch bereit,
Gott und den Menschen zu dienen. – Amen.
Und Christus, der Herr,
der uns durch sein Sterben dem ewigen Tode entrissen hat,
stärke euren Glauben und führe eich zur unvergänglichen Herrlichkeit. - Amen.
Und allen, die ihm folgen auf dem Weg der Entäußerung,
gebe er Anteil an seiner Auferstehung und an seiner Herrlichkeit. – Amen.
Das gewähre euch der dreieinige Gott,
der Vater und der Sohn und der Heilige Geist.
© Christus Epheta, Homberg (Efze) - Christkönig, Borken (Hessen)